Es war eine Sache von Minuten!
Eva Lys liegt auf der Massage-Bank in der Physiotherapie der Spieler-Unterkunft des Melbourne Park. Bei den Australian Open war sie in der Qualifikation in der 3. Runde ausgeschieden. Doch urplötzlich die Durchsage: „Eva Lys bitte in die Kia-Arena!“
Denn obwohl eigentlich raus, darf sie doch noch im Hauptfeld ran, weil die Russin Anna Kalinskaya (26) kurzfristig zurückzieht. „Ich habe es 15 Minuten, bevor es auf den Platz ging, erfahren. Ich hatte schon meinen Flug auf Mittwochmorgen gebucht. Ich bin so glücklich, dass ich hier spielen konnte. Ich musste mich bis 10 Uhr einschreiben, dass ich bereitstehe. Ich war die ganze Zeit auf der Anlage, habe abgehangen und dann war ich die Glückliche“, sagte Lys.
Nur Minuten später steht die Hamburgerin in der 1. Runde des Hauptfeldes gegen Kim Birrell (26) auf dem Platz und schlägt die Australierin 6:2, 6:2 nach 70 Minuten. Dieses unerwartete Glück ist wohl das schönste Geschenk zu ihrem 23. Geburtstag vergangenen Sonntag. „Das war das beste Geschenk, das ich mir selbst machen konnte“, sagt sie.
Bundestrainer Torben Beltz (48) zu BILD: „Das habe ich noch nicht erlebt! Das war so knapp von der Zeit her! Sie hat nichts gegessen, nahm das Essen mit auf den Platz, ein bisschen Sushi. Unglaublich!“
Es ist eine Ansetzung auf Augenhöhe, denn Birrell hat sich durch die Qualifikation ins Feld gespielt. Sie ist die Nummer 101 der Welt, damit beste Australierin derzeit, aber nicht so weit entfernt von Lys als 128.
Zum sechsten Mal steht die Nummer 128 der Welt im Hauptfeld eines Majors, nun zum zweiten Mal nach den US Open 2022 in der 2. Runde. Sie ist seit fast zwei Monaten in Down Under. Die warmen Temperaturen tun ihr gut. Lys leidet an einer Autoimmun-Krankheit, die unheilbar ist. Die macht das Tennisspielen bisweilen beschwerlich.
Nicht so am Dienstag. Souverän löst sie die Aufgabe und freut sich enorm. Auch über die rund 120.000 Euro, die es für den Einzug in die 2. Runde gibt. Dort geht es am Donnerstag gegen die Französin Varvara Gracheva (24).
Für das Aus in der Qualifikation wären es nur 43.500 Euro gewesen. Mit ihrer Familie ist Lys in Melbourne, da freut sich die Reisekasse über den Geldregen besonders. Und ein bisschen träumen darf man ja auch schon von der 3. Runde. Soweit kam sie noch nie.
Beltz: „Sie hat gegen eine gute Gegnerin unfassbar gut gespielt.“ Das macht Freude auf mehr.